You are currently viewing Ich war im Heimkino: Meine Rezension des Films Emma.
© Universal Pictures

Ich war im Heimkino: Meine Rezension des Films Emma.

Zuerst einmal muss ich sagen, dass ich wahnsinnig froh darüber bin, dass Amazon Prime Video die Heimkino-Premiere eingeführt hat, bei der man sich Filme, die jetzt eigentlich im Kino laufen sollten, zuhause streamen kann. Das können sie ruhig auch nach der Pandemie so beibehalten. Aber wie kommt Amazon auf diese wahnwitzige Ausleihgebühr von 18 Euro für diesen Film? Ich habe, glaube ich, noch nie mehr als 10 Euro für eine Kinokarte bezahlt. Deshalb habe ich erstmal gewartet, bis Amazon wieder zur Besinnung kommt und die Preise senkt. Diesen Freitag war es endlich soweit und ich habe zugeschlagen.

Zudem muss ich gestehen, dass ich ein großer Fan von Verfilmungen der Jane-Austen-Bücher bin. Soweit ich weiß, habe ich sie alle gesehen und natürlich auch die 1996er Version mit Gwyneth Paltrow als Emma. In meinen Augen war das eine sehr gelungene Umsetzung mit liebenswürdigen Schauspielern, die die Handlung sehr romantisieren. Typisch für eine Jane-Austen-Verfilmung eben. Die neue Emma-Verfilmung ist nichts dergleichen. Das heißt aber nicht, dass ich sie schlecht finde, im Gegenteil. 

Zusammenfassung

Emma Woodhouse ist Anfang zwanzig, vermögend und etwas zu selbstbewusst und altklug. In ihrem bisher sehr sorgenfreien Leben ist ihr liebstes Hobby, die Menschen um sie herum miteinander zu verkuppeln. Am Anfang der Geschichte ist sie dabei noch sehr erfolgreich und verschafft ihrer ehemaligen Gouvernante eine vorteilhafte Ehe. Im späteren Verlauf führen ihre Verkupplungsversuche jedoch zu jeder Menge Missverständnissen und heiklen Situationen. Dabei gerät auch sie selbst in den Fokus, obwohl sie sich geschworen hat, nie zu heiraten.

Meine Meinung

Achtung: Wenn du die Geschichte von Emma noch nicht kennst, wird es in diesem Abschnitt Spoiler für dich geben!

Der Film beginnt sehr untypisch. Es vergeht beispielsweise keine neun Minuten, bis wir einen nackten Mann zu Gesicht bekommen. Das deutet schon darauf hin, dass der Film nicht wie die anderen sein wird. Und so erleben wir auch Emma nicht als feengleiche Gwyneth, deren reines Herz nichts trüben könnte, sondern als das, was Emma als Tochter eines reichen Mannes eigentlich sein sollte: als Snob, als verwöhntes Kind der Oberschicht. Wir sehen sie, wie sie ihre Sachen achtlos auf den Boden wirft (irgendein Dienstmädchen wird’s schon wegräumen), wie sie die Nase rümpft, wenn etwas nicht nach ihrem Willen geschieht, und wie sie selbst bei Anweisungen ihren Dienern keines Blickes würdigt. Auch die Talente von Emma, das Malen und Musizieren, werden nicht als so liebreizend wie bei Gwyneth dargestellt, sondern eher als allenfalls mittelmäßig. Allein Mr. Knightley erscheint so, wie wir ihn kennen: als das Gewissen, das Emma zur Vernunft bringen soll. Und bei den Schauspielern scheint man sich bewusst für nicht besonders gut aussehende Darsteller entschieden zu haben. 

Aber genau so ergibt die ganze Geschichte auch mehr Sinn. Als Mr. Elton der Gwyneth-Emma einen Antrag gemacht hat, habe ich angenommen, dass er wegen ihrer Schönheit und ihres guten Herzens so für sie gebrannt hatte. Bei der neuen Emma wird im Laufe der Handlung klar, dass er das allein für eine bessere Stellung, für eine vorteilhafte Ehe gemacht hat, was Mr. E nur als den durchtriebenen Schleimer entpuppt, der er in Wahrheit ist. Auch wird in diesem Film besonders deutlich, warum sich Emma nie mit Jane Fairfax anfreunden wollte. Diese ist ihr bei sämtlichen Talenten überlegen (allein der Unterschied ihrer beiden Klavierspiele spricht Bände) und das, obwohl Jane niederer Herkunft ist. Shocking! Und so wird auch klar, warum sich Emma mit der einfältigen Harriet Smith anfreunden will. Jemand der selbst keine Talente hat, wird Emmas Talente immer für grandios halten. Emma sieht sich als die Königin ihres kleinen Dorfes, auf die alle hinaufschauen sollen.

Auch wird Frank Churchill nicht als Charmebolzen dargestellt, der mal eben alle um den Finger wickelt, sondern als ebenso großer Snob wie Emma. Was wahrscheinlich der Grund ist, warum sich Emma sofort zu ihm hingezogen fühlt. Mit ihm steigern sich ihre schlechten Eigenschaften, die dann beim Box-Hill-Picknick gipfeln, als sie Miss Bates angreift. So sehen wir diese Szene, wozu sie eigentlich da ist und was bei der 1996er Version nicht so deutlich war: als großer Umbruch der arroganten Emma zur guten Emma. 

Allerdings bin ich nicht mit allem zufrieden. Verhunzt finde ich vor allem den Antrag von Mr. Knightley. Zumindestens da hätten sie ein wenig Romantik einbringen können. Und mir kam es auch so vor, dass der Film nur so durch die Geschichte rast und dabei aber versucht, so viele Details wie möglich zu erzählen. Zum Beispiel über das Klavier, das Jane von einem heimlichen Verehrer bekam oder als sie sich beim Besuch auf Knightleys Anwesen heimlich aus dem Staub gemacht hat. Diese waren so kurz angeschnitten, dass ich nicht glaube, dass jemand, der die Geschichte noch nicht kennt, dem ganzen folgen kann. 

Besonders gut finde ich aber die Liebe für’s Detail in diesem Film: die herrlichen Landschaften, die wunderschönen Häuser und ihr noch schöneres Mobiliar (den Schminktisch von Emma hätte ich auch gerne), die prachtvollen Kutschen, die aussehen, als wären sie eigens für den Film hergestellt worden, und die feinen Kleider. Besonders beim letzteren erkennt man deutlich den Unterschied zwischen arm und reich, was bei anderen Verfilmungen nicht so ersichtlich war. Auch finde ich es besonders schön, dass man in dem Film Gegenstände integriert hat, die damals gang und gäbe waren, heute aber niemand mehr kennt. So sorgt zum Beispiel der Kaminschirm gleich für mehrere Lacher. 

Fazit

Abschließend kann ich sagen, dass ich die neue Emma-Verfilmung durchaus sehr gelungen finde. Wer hier aber Charaktere erwartet, mit denen er von Anfang an sympathisieren kann, wird enttäuscht werden. Ich persönlich kann mich mehr mit den beiden Dienern der Woodhouses identifizieren: Bartholomew und Charles (übrigens die einzigen Diener, die im Film einen Namen bekommen haben). Die Blicke, die sich die beiden zuwerfen, wenn “die reichen Schnösel” mal wieder etwas lächerliches tun, sind einfach zu köstlich. 

Nichtsdestotrotz finde ich es gut, dass diese Verfilmung so “echt” ist. Die Geschichte ist so anders erzählt, dass es einem wie eine völlig neue vorkommt. Und genau das macht sie so besonders. Nur eine neue Version der 1996er Emma wäre ja auch ziemlich langweilig gewesen. 


P. S.: Wenn du schon immer mal wissen wolltest, welcher Heldin von Jane Austen du am ähnlichsten bist:

I am Elizabeth Bennet!

Take the Jane Austen Character Quiz here!

Schreibe einen Kommentar